Wie war es, in den 30er Jahren aufzuwachsen? Wohin ging die erste Urlaubsreise? Wie wohnt es sich im Haus Edelberg Senioren-Zentrum Plochingen? Diese und viele weitere Fragen hat uns Ingeborg Kratz im Interview beantwortet und uns dabei einen tiefen Einblick in ihr bewegtes Leben gewährt. Die rüstige 88-Jährige wohnt seit Dezember 2020 im Haus Edelberg Senioren-Zentrum Plochingen, hier haben wir sie in ihrem Zimmer zum Gespräch getroffen.

Die Kindheit von Ingeborg Kratz war natürlich geprägt vom Zweiten Weltkrieg, sie war sechs Jahre alt, als dieser ausbrach. Doch auch in dieser Zeit herrschte ein klein wenig Normalität, so weit es ging, stand etwa Schule gehen auf dem Programm. Das war wichtig, um nach 1945 eine weiterführende Schule besuchen zu können. Dank einer bestandenen Prüfung konnte Ingeborg Kratz auf die Oskar-Kämmer-Schule in Braunschweig, in der Steno und Maschineschreiben gelehrt wurde. Von hier gelangte sie zu ihrer ersten Anstellung, bei der sie auch nach ihrer Heirat blieb. „Für mich war immer klar, dass ich berufstätig bleiben möchte, wenn auch nach der Geburt unseres Sohnes nur halbtags. Als unser Sohn 18 wurde, ging ich wieder ganztags zu Arbeit. Wir hatten ein Haus gebaut, da brauchten wir das Geld“, erzählt sie.

Ihren Mann hat Ingeborg Kratz mit 17 Jahren beim Tanzen kennengelernt – ein Hobby, das die beiden so lange es gesundheitlich möglich war, ausübten. Sogar Turniere haben sie getanzt und sind mit der Tanzschule in Europa unterwegs gewesen. Und auch nach dem Umzug nach Plochingen blieben sie ihrem Hobby treu.

In der Rente ab 1993 gingen die beiden einem weiteren Hobby nach: Reisen. Mindestens zweimal im Jahr waren sie unterwegs und erkundeten Europa, sehr oft mit dem Schiff, hin und wieder mit dem Auto. Die Kanaren, Menorca, Mallorca, Korfu, Türkei, Griechenland – überall sind Günter und Ingeborg Kratz gewesen. Aber auch den Norden Europas haben sie erkundet. Und wo hat es Ihnen am besten gefallen? „In Norwegen, Oslo ist eine tolle Stadt, in Spitzbergen sind wir dreimal gewesen, das war schon schön“, schwärmt sie. Bis nach St. Peterburg haben es die beiden geschafft, eine Reise mit einem ernsten Hintergrund: Der Vater von Ingeborg Kratz wurde in Stalingrad vermisst und später von ihrer Mutter für tot erklärt. Daher war es ihr wichtig, diese Reise zu machen.

Ingeborg Kratz kann sich sogar an ihre erste Urlaubsreise erinnern, die sie und ihren Mann, „damals war er noch mein Freund“, an den Tegernsee führte. „Das war was damals. Wir hatten zwei Einzelzimmer gebucht, aber nur ein Doppelzimmer bekommen. Wir waren nicht verheiratet, es war das Jahr 1956, da ging das nicht so einfach,“ schmunzelt sie.

Nun lebt Ingeborg Kratz im Haus Edelberg Senioren-Zentrum Plochingen und erinnert sich an ihr Haus zurück: „Wir hatten ein schönes Haus, ich war stolz auf meine Einrichtung. Aber vorbei ist vorbei. Ich habe immer gesagt, wenn es nicht mehr geht, dann gehe ich eine Senioreneinrichtung, ich will meinen Sohn nicht zu sehr zur Last fallen. Und ich muss sagen, ich fühle mich hier sehr wohl. Es gibt hier sehr viele Unterhaltungsmöglichkeiten. Aber wenn ich mal keine Lust habe, ziehe ich mich auf mein Zimmer zurück, und kann ganz für mich sein.“ Ingeborg Kratz ist gerne ein bisschen allein, weil sie sehr gerne liest. Dafür besucht sie regelmäßig die Bibliothek der Einrichtung. „Hier kann man gut schmökern. Ich habe mir schon zwei Konsaliks und ein Buch über Alaska ausgesucht.“

Ihr Sohn und ihre Schwiegertochter besuchen sie regelmäßig, die beiden wohnen in der Nähe. „Mit meinem Sohn habe ich richtiges Glück, ich habe ihm eine Vollmacht erteilt, denn man weiß ja nie, wann etwas passiert. Zudem musste er das Haus verkaufen. Das ist schon gut so.“

Ingeborg Kratz hat sehr viel vom Krieg erzählt, wie sie diese schreckliche Zeit erlebt und überlebt hat. Es ist beeindruckend, mit welchem Gleichmut sie von dieser Zeit berichten kann, von ihrem ersten Toten, vom Leben in dieser schweren Zeit. „Es war ja nicht zu ändern, wir mussten da durch. Aber wir waren schon froh, als die Amerikaner kamen und keine Bomben mehr fielen. Denn das war das schlimmste – man wusste ja nie, wie nah diese sind. Ich kann nicht verstehen, warum die Menschen nicht gescheiter geworden sind – immer noch werden Kriege führen!“

Ein bewegtes und ereignisreiches Leben auf das Ingeborg Kratz blicken kann. Vor Kurzem feierte Sie ihren 88. Geburtstag, den ersten im Haus Edelberg Senioren-Zentrum Plochingen. Hier genießt sie ihren Lebensabend. Freut sich über neue Bekanntschaften. Liest ihre Bücher. Liebt die Zeit mit ihrem Sohn.